von lemont nach chicago
ich lege mich an die zeit; ein bruchteil der menge. ein jeder schafft sich seine eigene fata morgana, auch hier. wie fische, welche sich eine unsichtbare schutzhülle schaffen (aus fett und anderen ablagerungen). sobald sie dann beschädigt, durchdrungen wird, sterben diese, auch tage später – einfach so, selbst wenn man sie wieder ins wasser wirft…
woher also dieser unhaltbare drang zur nähe, körperlichkeit?
endlich: the skyline of chicago. cicero. die menschen in schatten. parkplatzglanz, die luft mit laternen gefüllt: ocker, selbst tagsüber. wellblechfassaden, mehr noch…
auch hier denke ich an dich: du neben mir, deine fahle haut, dein blick durch den trüben kunststoff: du willst mir etwas sagen, aber… deine stimme wie unter tonnen von wasser. begraben unter all den anderen erinnerungen.
wir sind beinahe da…
der endlose raum
türkis, die sitze. kunstleder. die gesichter um mich; aus plastik, die augen. ich greife mir in die innere brusttasche, ein photo darin…
smaragdfarbenes licht. eine disneyferfilmung. hinter der plexiglasscheibe: eine spielzeugstadt nach der anderen. häuser aus organischem polymer: wenn man mit dem finger draufdrückt, sind sie weich, als könnte man durch sie hindurch in eine andere welt fallen (ist das der grosse traum?). tornados gibt es hier nicht, nur die allgegenwärtige kriese. jeder versteckt sich hier im plastik-eigenheim fühlt sich geborgen. wie im bauch eines wals.
the american way? wo? und wohin?
endlose züge. die leere reicht da nicht aus um all das…
next stop riverside
schnittmengen, wir
die nacht im nacken: ein tintenfleck auf dem plasmaschirm: bogenminuten auf dem handrücken.
bei der landung dann, ziehst du die blende runter (warum, frage ich nicht) auf deinen nägeln noch reste von blau, kobalt…
unter uns: ströme aus flüssigem kupfer, sand welcher das sonnenlicht in einem bestimmten winkel…
nur ein bruchteil dessen…
in bewegung daheim
auf der rückfahrt die gleichen artikel: eine brille auf dem tisch. die finger rauer, die fingernägel kurz. greifbare dinge, zahlen: ice 1552 – 19:27; gleis 3; nummer 050511; bis zu 50 prozent rabatt auf den normalpreis… ein blauer pullover, gebraucht, ein anderer tag: ich schreibe dir von lang, lang her. mein muezzin gesang aus einem weiss-rotem minarett. auf dem tisch auch: brotkrummen, wer sass hier vor mir? auf meinem platz, zurückgelehnt vielleicht, in erwartung, oder enttäuscht. das gleiche licht im fenster, gezogen wie überlandleitungen: zwei parallelen schneiden sich nie, auch nicht im unendlichen. der soundtrack von THE FOUNTAIN; die narbe an meinem knöchel, der blick gegenüber; wochen, monate, der zug derselbe vielleicht. das selbe nicht rauchen schild. atome, moleküle ausgeatmet, einmal: wir leben auf einer geraden…
minarett: vom türkischen minare ein
lehnwort aus dem arabischen: mamāra:
leuchtturm, oder wörtlich: ort des lichts
abc
darin
das schwarz auf schwarz was wir schreiben. die seiten zwischen den fingern: eine matrix der phonetik…
petrograd
die hand neben mir im gras
stunden später: nur noch du und ich am wasser sitztend, irgendwann hebe ich meine arme hoch über den kopf, selbst erstaunt über die einfache geste: die hochgekrempelten hosen haben auf den innenseiten, an den armbeugen einen abdruckt in der haut hinterlassen, beinahe eine perfekte welle.
ich frage mich ob es ein unbewusst gewähltes muster ist, oder welchen einfluss ich sonnst darauf hatte; die art die hose hochzukrempeln, der winkel meiner beine beim sitzten…
dir würde wahrscheinlich eine passende analogie einfallen, aber als ich mich zu dir umdrehe, bist du nirgends zu sehen…
am puls
der gefrierpunkt und der siedepunkt von wasser: zwei klammern, welche alles beinhalten, raum, zeit. indem ich eine taste drücke, weitet es sich aus, expandiert. mit einer anderen taste fällt es wieder zusammen. es atmet…
{ }
die erinnerungen eingeteilt in breiten und längengrade, winkelmass, geografische tiefe und treibgut, die trigonometrie aller sehnsüchte, begierden. aber wo soll man den scheitelpunkt ziehen, den äquator? wie all das vermessen…?