insel der hesperiden

 

zweiter tag: ich verwerfe den versuch, die insel mit einer karte zu erschliessen, lasse diese einfach im zimmer liegen, will ein augenmass für das gelände finden, die entfernungen fühlbar, begreifbar machen.

 

leben heisst, ein maß zu finden. und dieses maß ist der eigene körper.

 

die erste passhöhe. dann: pájara. meine oase an diesem tag. bäume hier 8-10 meter hoch und dichtes laub, sodass der kleine markplatz im schatten versunken liegt, wie eine stadt unter wasser; vielleicht kommt es mir auch deshalb so vor, als würde sich alles langsamer bewegen. in der mitte, eine alte kirche, ein brunnen gegenüber, ein esel, der an den fördermechanismus angebunden ist, ein einheimischer, der sich vornüber auf einen beschnitzten stock lehnt. ich greife nach der kamera, dann aber doch nicht.

 

worin liegt das varlangen, das hier festzuhalten?

 

 

ein paar meter neben mir eine britische reisegruppe samt führer. gerade, als sie sich von der kirche dem brunnen und dem esel zuwenden, kriegt dieser unvermittelt eine errektion, und die szene wird grotesk: eine hälfte der gruppe verdreht peinlich berührt ihre köpfe, die andere starrt mit unverhohlener neugier auf das armlange, erregierte glied, als wäre es etwas mystisches, wie ein stein, der vom wasser getragen wird, als steckte eine offenbarung darin, ein beweis.

 

in meiner fantasie fallen einige auf ihre knie und bekreuzigen sich.

 

 

(minuten später bricht es auf, und der platz ist wieder leer. erst jetzt bemerke ich ein schild: man muss geld in eine offene dose werfen, damit der esel den brunnen in gang setzt. alles staffage)